Nachdem ich nun die vierte Staffel von Chaos, wie Fauda auf Hebräisch heißt, angeschaut habe, ist nun an der Zeit ein Fazit zu ziehen. Und während die Einen die Serie loben, und sie auch viel Zuspruch in arabischen Ländern genießt gibt es natürlich diejenigen, die in dieser Serie einen Anschlag – auch wenn sie es nicht formulieren – auf den Friedensproßess sehen. So schreibt im Guardian Rachel Shabi, dass die Serie einen „unerbittlichen Machismo,“ zeigt, wahrscheinlich weil die Protagonisten überwiegend Männer sind und eigentlich nur auf israelischer Seite Frauen nicht nur im Einsatz, sondern auch als Leiter einer Einheit fungieren, die tage-, wochen-, und monatelang hinter den feindlichen Linien operiert, nämlich in Gaza und der Westbank.

Yasmeen Serhan beklagt im Atlantic, dass „Zuschauer, die sich nach einer palästinensischen Perspektive auf den Konflikt sehnen, täten gut daran, Netflix zu drängen, eine von Palästinensern produzierte Serie in Auftrag zu geben, denn Fauda wird sich wahrscheinlich als Enttäuschung erweisen.“ Nun mag das aus ihrer Sicht so sein, es stellt sich allerdings die Frage, ob sie nur einen Ausschnitt gesehen hat oder die ganzen Staffeln verfolgt, dann wäre ihr aufgefallen, dass eigentlich keine Seite gut weg kommt und Terrorismus sowie Counterterrorismus ein schmutziges Geschäft ist, da die einen versuchen die anderen umzubringen und die anderen alles daran setzen das zu verhindern, teilweise auch mit fragwürdigen Methoden. Wenn man sich also anhört, dass ehemalige und aktuelle Mitglieder des Mista’arvim die, wörtlich übersetzt „unter Arabern leben“ sagen, dass die Serie sehr nah an die Wirklichkeit herankommt dann ist das wahrlich kein Heldenepos, denn Fauda versucht nicht zu werten und, es kommen kaum Zivilpersonen vor, weder auf plästinensischer, noch auf israelischer Seite.

Grotesk war dann die Kritik die George Zeidan, leiter der „Right to Movement Palestine“ erwartunsgemäß in der Haaretz schrieb –„Der Nahe Osten platzt bereits vor Desinformation, Unterstellungen und gefährlicher Propaganda: Es gibt keinen Grund für noch mehr. Fauda kann es besser.“ Nun lebt Counterterrorismus davon dem Gegner Dinge vorzuspielen die nicht der Wahrheit entsprechen, und auch die Terroristen rufen nun nicht unbedingt im Kommisariat Sderot Süd an und erklärem dem Wachhabenden Beamten, dass sie von der Al Aqsa Brigade Gaza Mitte sind und sich darauf vorbereiten eine Kassam Rakete abzuschießen. Es gibt, wenn man die Serie verfolgt genug Protagonisten die sich fragen, worin eigentlich der Sinn dieses Katz- und Mausspieles besteht, denn oft genug kann die israelische Einheit nur reagieren und in seltenen Fällen agieren. Genau das wird auch in Fauda thematisiert. Und Fauda geht noch weiter denn hier werden Menschen gezeigt, die nach Jahren im Dienst müde und desillusioniert sind und in ihren Aktionen teilweise weit über das Ziel hinausschießen. Man braucht sie, denn wer sonst geht nach Gaza oder Jenin in die Höhle des Löwen und betreibt dort Aufklärung teilweise unter Einsatz unlauterer Mittel, wenn es darum geht einen Anschlag zu verhindern.

Zum Schluß durfte dann Al Jazeera nicht fehlen, denn was wäre Israelkritik ohne die Faktenverbieger aus Katar, wäre ja langweilig. Also schrieb Yara Hawani – (die)die „jüngste Welle von Programmen, die sich auf Israel konzentrieren und versuchen, es als eine Kraft des Guten darzustellen“, „obwohl diese Programme nicht so grob sind wie das klassische orientalistische Kino und Fernsehen, sind sie nicht weniger rassistisch und vielleicht sogar gefährlicher in ihrer Subtilität und geschickten Präsentation.“

In dem Moment habe ich mich gefragt wer und welche Produzenten stellen Israel als eine Kraft des Guten dar? Die Serie Shtisel? Filme über den Anschlag von München oder die Befreiung von Entebbe? Eventuell die Aktion, als Mossadagenten eine Tarnfirma im Sudan aufbauten und Juden aus Äthiopien nach Israel brachten? Israel steht immer als das Übel da und nicht nur Israel, selbst wenn es Filme über Juden oder jüdische Geschichten gibt, dann leben diese Filme von Klischees, ohne geht es nämlich nicht und meist sind die Schauspieler, die Drehbuchautoren, die Produzenten oder der Regisseur Nichtjuden. Und, das sollte man auch nicht vergessen, meist werden die Juden als Reich, intelligent, erfolgreich und manipulativ dargestellt, alles Etikette die schon Wilhelm Marr in seinen Büchern verwendete. Der Rassismus, den Hawani beschreibt, findet hier auf beiden Seiten statt und beide geben sich nichts.

Zeigt die Serie unbeteiligte, dann geraten diese in Situationen die für sie lebensgefährlich sind und wenn der Bäcker Abu Karim den Anführer eines Terrorkommandos und seine Handlanger aus dem Laden schmeißt, weil sie seinen Sohn nach einem mißglücktem Terroranschlag als Märtyrer bezeichnen, dann erinnert man sich daran, dass viele Palästinenser diesen ganzen Mist, der um sie herum passiert ausbaden müssen. Oder der Besitzer einer Baufirma, dessen Gelände zum Abschuß von Raketen genommen, er bedroht wird und nachher von der IDF verhaftet, dann kann ich beim besten Willen darin nicht Gutes finden, denn genau das ist die Situation, ob es einem paßt oder nicht.

Fauda ist viel mehr Naher Osten und vielmehr Realität als man denkt, für Israel geht es um’s überleben, ohne dass IDF und IAF Westbank und Gaza einebnen, für die ganzen Terrorgruppen geht es um Geld und darum Israel zu zerstören, für das Fußvolk geht es um’s überleben. Bezeichnend ist dafür ein kurzer Bericht über Sderot, wenn eine Einwohnerin erklärt, sie habe Freunde in Gaza und ruft diese an wenn die IAF Vergeltungsschläge ausführt, ihre Freunde rufen sie an wenn die Terrorgruppen Israel mit Raketen beschießen. Das ist der israelisch/palästinensische Mikrokosmos den man unbedingt am Leben halten will statt Hamas und Fatah den Geldhahn zuzudrehen und die Flüchtlingslager dem UNHCR übergibt damit dieser ganze Augiasstall ausgemistet wird, und die Führung der Palästinenser, die sich seit 1996 nicht mehr gerührt haben einsehen, dass endlich Schluß sein muß, denn Israel verschwindet nicht.

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