Die 1888 erschienen Erzählung Rudyard Kiplings kam mir letztes Jahr in den Sinn, als sich Donald Trump mit Vertretern der Taliban in Doha traf, und ein „Friedensabkommen“ mit ihnen aushandelte mit der Zusage, dass spätestens im Mai diesen Jahres die US Truppen Afghanistan verlassen haben.

Nun war Trump alles andere als ein Präsident mit seiner unerträglich Art und Dummheit. Nicht nur dass er alles was er tat als „Deal“ betrachtete und dachte, je mehr man jemandem anbietet, desto schneller würde er einschlagen, was allerdings nicht der Fall war denn, und das war das größte Problem, Trump war viel zu dumm, um zu begreifen, wie die moderne Welt funktioniert.

Szenephoto aus dem Mann der König sein wollte, 1976 mit Sean Connery und Michael Caine

Es geht um Geopolitik und nicht um die narzisstischen Befindlichkeiten eines senilen alten Mannes der glaubt er sei der Nabel der Welt. Geopolitisch spielen die USA kaum noch eine Rolle, es sind andere die ihnen den Rang abgelaufen haben Weltmacht zu sein. Während die USA die Krisenfeuerwehr spielte und glaubte die Ideale von Freiheit, Demokratie und Menschenrechte bis in den letzten Winkel der Welt zu bringen, kaufte China einfach Zuneigung. Heimlich still und leise setzte China sein Credo von Prosperität für alle unter dem Dach des Kommunismus, in afrikanischen und Südamerikanischen Staaten um. Auch der Iran ist, dank der Unterstützung Chinas, immer noch am Leben.

Russland ist wieder, wenn auch keine globale, so eine regionale Macht, die im Falle Syriens, oder Tschetschenien entscheidet, wie lange ihre Mündel an der Macht bleiben. Dreht sich der Wind in Moskau, dreht sich der Wind in Damaskus und Grosny.

„Das eigentliche Ziel des Krieges ist der Frieden.“

Als am 11.09 vier Passagiermaschinen entführt wurden und kurze Zeit später zwei von ihnen in das World Trade Center flogen, war die Welt geschockt. Eine dritte Maschine stürzte in das Pentagon und UA93 konnte von den Passagieren unter Kontrolle gebracht werden und stürzte in der Nähe von Shanksville ab. Während niemand wußte, wer für den Anschlag verantwortlich war, trat der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder vor die Kameras und sprach in seiner Rede davon, dass man fest an der Seite der USA steht und im Bündnisfall bereit ist die Bundeswehr einzusetzen.

Der Anfang vom Ende in Afghanistan

Außer das der Sicherheitsapparat der USA komplett versagt hatte, rätselte man in Washington noch, wer für den Anschlag verantwortlich war. Etwas später hatte man die Erkenntnis das Al Qaida hinter dem Anschlag steckt und sich offensichtlich unter dem Schutz der Taliban in Afghanistan befindet. Die USA stellten daraufhin ein Auslieferungsantrag und setzten ein entsprechendes Ultimatum, welches die Taliban auslaufen ließen und eine Auslieferung Osama Bin Ladens, sowie seiner Offiziere ablehnten.

UN Resolution 1368, die einen Tag nach dem Terroranschlag verabschiedet wurde gab den USA und seinen Verbündeten die Legitimation notfalls mit Gewalt das Land zu bestrafen, das für den Anschlag verantwortlich war, beziehungsweise die Mithilfe gegenüber der UNO verweigerte.

Am Siebten Oktober 2001 begann Operation Enduring Freedom. Die Nato begann, mit Luftunterstützung, verschiedene strategische Ziele in Afghanistan anzugreifen, um dabei Al-Qaida in Afghanistan zu zerschlagen. Da die Berge Afghanistans immer dafür benutzt wurden, Kämpfern Unterschlupf zu bieten, begann für die Amerikaner und ihre Verbündeten eine Sisyphusarbeit, denn die Soldaten mußten jeden Stein umdrehen und jede Höhle bis in den hintersten Winkel durchsuchen.

Truppen beim Einmarsch in Afghanistan 2001

Dazu kam die Unkenntnis über das Gelände und Selbstmordattentate die von den Taliban überall im Land, aber besonders in Kabul, ausgeführt wurden. Außerdem wurden die Fremden als Besatzer empfunden, während in den größeren Städten die Afghanen froh waren, dass sie die Taliban endlich los waren.

„Lerne die Situation in der du dich befindest, insgesamt zu betrachten.“

Während man in großen Teilen erfolgreich war, wollte man den Leuten auch humanitäre Hilfe zukommen lassen. Also baute man Schulen und Krankenhäuser, verbesserte die Infrastruktur und ermöglichten es den Frauen wieder am Leben teilzunehmen. Es herrschte weitgehende Freiheit, die die Afghanen in vollen Zügen genossen. Nach Jahrzehnten Krieg und Bürgerkrieg, sowie den Taliban, kam es vielen wie ein Märchen vor.

Also warum sollte man die Situation gesamt betrachten? Die Antwort: statt Fachleute in‘s Land zu bringen, oder die Regierung ersteinmal in die Hand der UN zu legen, brachte man Leute vor Ort nicht nur in die Regierung, sondern man installierte eine Zentralregierung, die nicht nur korrupt, sondern auch die Provinzgouverneure ernannte. Diese Leute besaßen in den meisten Fällen keinerlei Rückendeckung in ihren Provinzen.

Man pumpte Milliarden in die militärische Aufbauhilfe und hat Leute ausgebildet, die Analphabeten waren und nun mit Millionen Dollar schwerem Kriegsgerät umgehen sollten, und zuletzt stellte sich heraus, dass die Soldaten kaum, oder gar keinen Sold bekamen und auch keine Verpflegung. Der Spruch, „ohne Mampf keinen Kampf“ gilt auch für afghanische Soldaten. Ihnen Feigheit vorzuwerfen und zu fordern, sie sollten gefälligst für ihren Schutz selber zu sorgen, klingt, nach allem was man h#ätte wissen müssen, ausgesprochen zynisch.

„Ein schöner Rückzug ist ebenso viel wert als ein kühner Angriff.“

Es wäre schön, wenn es in Afghanistan so gewesen wäre, leider war es nicht so. In Doha begann der Anfang vom Ende, als Donald Trump mit den Taliban verhandelte und die Afghanen, ebenso wie vorher die Kurden, unter den Bus geworfen hat. Der „Deal“ wie Trump ihn nannte, sah die afghanische Regierung überhaupt nicht vor. Trump dachte – wenn er das überhaupt kann – die Afghanen würden vor Freude in die Luft springen. Angeblich hätte Ghani ihm überschwänglich gedankt.

Der Anfang vom Ende – Trumps neue Liebe mit den Taliban

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Taliban schon die Pipi in den Augen stehen vor Freude. Ohne sich anstrengen zu müssen, präsentierte ihnen Trump Afghanistan auf dem Silbertablett. Der Plan sah unter anderem vor, dass die USA bis Mai ihre Streitkräfte in Afghanistan auf 2500 Soldaten reduzieren. Angeblich, so der Vorwurf des letzten Verteidigungsminister unter Trump – Christopher C. Miller – behauptete, Trump hätte nie vorgehabt, die Truppen aus Afghanistan abzuziehen.

Joe Biden ließ die Frist verstreichen, und der Mai zog vorüber. Währenddessen machte sich Trump auf einer Veranstaltung der Republikaner vor Freude in die Hosen und rief seinen Anhängern zu, dass er Biden ein Kuckucksei in‘s Nest gelegt habe und Biden das nicht mehr rückgängig machen könne. Als sich die internationalen Truppen aus Afghanistan zurückzogen, da auch die USA schon abzog, brach das Chaos aus.

Vor Verzweiflung hatte sich der Junge an einer amerikanischen Militärmaschine festgehalten

„Der Erfolg hat viele Väter. Der Mißerfolg ist ein Waisenkind“

Wer die Bilder aus Kabul gesehen hat sah sich vermeintlich an Saigon erinnert, als die USA sich aus aus Vietnam zurückzogen. Als Nordvietnam im April 1975 Saigon bedrohte, räumten die USA ihre Botschaft und versuchten vom Dach aus, die Flüchtenden Menschen zu evakuieren. Ich kann mich noch erinnern, als die Deckbesatzung der Midway eine Bell UH-1H vom Deck warf, damit eine Cessna O-1 auf dem Deck landen konnte. Nach Vietnam wurde gestritten und debattiert wer die Schuld an dem Desaster trug. Man machte die Presse verantwortlich, weil man dachte die Berichterstattung der amerikanischen Medien hätten in der US-Bevölkerung einen Zer­set­zungs­pro­zess in Gang gesetzt, der zur Kriegsmüdigkeit und damit zum Rückzug führte.

Mitglieder der USS Midway werfen eine Bell UH-1H über Bord, um Platz für eine landende Cessna O-1 zu schaffen

Afghanistan ist ähnlich gelagert. Die Republikaner schlagen auf die Demokraten ein, die Demokraten auf die Republikaner. Die Seite Fact-check schrieb von „blaming game.“ Tatsache ist, dass Donald Trump die Taliban ohne Not stark gemacht hat und die afghanische Regierung außen vor gelassen. Die US-Administration hat ihren Verbündeten vor vollendete Tatsachen gestellt. Es gab auch offensichtlich keinen Plan was nach dem Abzug passiert, obwohl Experten vor den Taliban gewarnt haben.

Man war, nachdem man sich mit dem Militär beratschlagt hat, dass 2500 Soldat:innen völlig ausreichen, um zusammen mit der Afghanischen Armee die Taliban aufzuhalten, und dass die Taliban eh nicht so schnell vorrücken würden. Da besitzen die Geheimdienste ein internationales Netzwerk, erhalten jedes Jahr Milliarden Euros und sind nicht in der Lage die Situation, die ihnen ein Fünfjähriger in Kabul hätte erklären können, vorauszusehen. Deutschland macht dabei das, was es am Besten kann, abschieben und Untersuchungsausschüsse. Das bringt den Leuten vor Ort zwar nichts, beruhigt aber das Gewissen einiger Abgeordneter.

„Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit an jedem anderen.“

„Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“

Als Peter Struck das auf einer Pressekonferenz sagte, sorgte der Satz für allgemeine Erheiterung vor allem, wenn sich die lange Liste der Terroranschläge in Europa anschaut. Ja, die Gefahr mag nicht mehr vom Hindukusch ausgegangen sein, dafür aber aus anderen Regionen. Was hat man also erreicht? Einen fragilen Frieden der fast zwanzig Jahre hielt, ein Land, das wieder in der Hand der Taliban ist und wieder Bürgerkriegsgebiet werden wird, denn nicht nur die Taliban, sondern auch der Daesh kämpfen um die Macht. Man weiß dass Daesh in der Lage ist genügend Freiwillige zu finden, also nach Irak und Syrien, nun also Afghanistan?

die Freiheit und der Hindukusch

Alles was man in diesen Jahren aufgebaut hat geht nun den Bach runter, denn man hat sich nie einen Plan B überlegt für den Fall, dass man sich aus Afghanistan zurückzieht. Die Armee wurde nicht nur falsch ausgebildet, sie wurden auch mit Waffen versorgt mit denen sie nichts anfangen konnten. Man war nicht mal in der Lage Schutzzonen einzurichten die von UN Truppen beschützt werden und wundert sich über das Chaos in Kabul, während die Zottelkrieger anfangen zu zeigen, dass sie sich keinen Jota geändert haben.

Deutschland hat dem ganzen die Krone aufgesetzt. Das Parlament lehnt den Antrag der Grünen ab dafür zu sorgen, dass die Ortskräfte unbürokratische Hilfe bekommen, der Innenminister will trotz der Tatsache, dass Afghanistan nicht sicher ist, und das seit etwa einem Jahr, Flüchtlinge dorthin abschieben, und man versinkt in Lethargie weil Leute wie Angela Merkel glauben man könne Probleme so lösen, wie Helmut Kohl es Sechzehn Jahre gemacht hat, mit ruhiger Hand und Gelegenheiten beinahe zu verpassen. Wenn Wahlkampf in Deutschland wichtiger ist als humanitäre Hilfe, man war ja an der Situation in Afghanistan mitbeteiligt, und es waren nicht der Fähnlein Fieselschweif vor Ort, sondern Bundeswehr und andere Hilfskräfte. Ich bin froh nicht mehr in Deutschland zu leben, denn wenn ich noch mitbekomme, dass ehemalige Soldaten, die sich um die Ortskräfte kümmern, vor der Politik im Stich gelassen werden, dann schwillt mir der Kamm.

Die USA und alle die in Afghanistan beteiligt waren haben die Werte, die der Westen angeblich vertritt, mit Füßen getreten und jedem Westentaschen- Kalifen und Emir das Signal ausgesendet, dass der Westen eh nichts macht, also braucht man nur die Luft anzuhalten. Das pragmatische China hat die Taliban sofort anerkannt, teilen sie sich doch eine Grenze mit Afghanistan und fürchten, dass die Islamisten Terrorzellen in China stärken könnten. Also macht man gute Miene zum bösen Spiel und sucht ein Auskommen.

Der Westen hat sich erpressbar gemacht, denn wenn es den Taliban gefällt, dann schicken sie eine Horde aus Afghanistan in die Flucht und jeder erinnert sich an 2015.

Epilog

Nach dem 11.9 sagte jemand unsere Welt wird nie mehr so sein wie vorher. Sie war nie wie „vorher“ denn es gab genügend Terroranschläge besonders auf westliche Einrichtungen, also wird sich nach Afghanistan etwas ändern? Nein, denn die Welt ist so wie sie ist. Sie war schon immer so wie sie ist. George W. Bush wird wahrscheinlich wie ein Brummkreisel durch sein Haus rotieren, ob des Dilettantismus den seine Nachfolger an den Tag legten, und es ist völlig egal ob Trump den Taliban nicht vertraute, Fakt ist er hat den Stein in‘s Rollen gebracht. Was bleibt ist, dass es Länder gibt, die man wahrscheinlich nie befrieden kann, egal wie oft man sie erobert, oder, wie das Motto der Ranger de opresso liber“ (von der Unterdrückung befreien).

Die freie Welt wird sich darauf einstellen müssen, dass weiter zu Terroranschlägen, Bürgerkriegen, ethnischen Säuberungen, Unterdrückung kommt und dass man sich auf die UNO nicht unbedingt verlassen sollte, denn mit UNRWA haben sie bewiesen dass sie selber Probleme schaffen können, und mit Rwanda dass sie Länder einfach im Stich lassen. Ihr Menschenrechtsrat verhält sich wie eine Gangster AG, in der Massenmörder, Serienvergewaltiger und staatlich anerkannte Folterknechte sich gegenseitig den Rücken schrubben, während sie ein Land, und nur dieses Land, auf ihrer Agenda haben.

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